Wir verwenden Cookies auf dieser Website, um Ihr Benutzererlebnis zu verbessern.

Die Expat-Geschichte von Mieke Pynnaert

Flanders International Business Weeks

Wir sprachen mit Mieke Pynnaert, erste Global Expat Officer bei Flanders Investment & Trade. Als erste Ansprechpartnerin für ihre Kollegen im Ausland versorgt sie diese mit praktischen Tipps und wichtigen Informationen. Dabei kann sie auch auf ihre eigene langjährige Erfahrung zurückgreifen. Schließlich passt das Leben im Ausland zu ihr wie eine zweite Haut. Schon mit vier Jahren erkannte Mieke, dass dies etwas für sie sein würde. Als junge Abenteurerin reiste sie mit ihren Eltern um die Welt.

Später führte das Zusammentreffen verschiedener Umstände dazu, dass ihr Studium in Polen den Startschuss für eine Karriere im Ausland bedeutete, die fast 30 Jahre dauern sollte.

Obwohl sie, wie Kolumbus, Indien nie erreichte, führte ihr Weg sie nach Kenia, Südafrika, Brasilien, Kanada und Marokko. „Ich bin gegangen, ohne groß nachzudenken und habe bald gemerkt, dass man hinsichtlich der medizinischen Versorgung in Belgien doch besser aufgehoben ist.“

Mieke war jahrelang Mitglied der Überseeischen Sozialen Sicherheit und hatte in diesem Punkt nie Zweifel. Die Corona-Krise beendete ihre Expat-Geschichte 2020. Im Moment hat sie jedoch nicht den Wunsch, wieder aufzubrechen - ihre Familie hält sie hier. „Solange meine Eltern und meine Schwiegermutter am Leben sind, werde ich wahrscheinlich nicht wieder aufbrechen.“

Das Expat-Fieber

„Meine Eltern liebten das Reisen. Obwohl wir kein Auto hatten, reisten wir in mehrere Länder. Während meine Freundinnen mit ihren Eltern in die Ardennen oder ans Meer fuhren, reisten wir per Flugzeug oder Bahn ins Ausland.“ Miekes Eltern waren echte Weltenbummler, was zu einzigartigen Erlebnissen in Ländern wie Bulgarien und der Schweiz führte. Dieses frühe Eintauchen in die weite Welt weckte ihr Interesse am Leben im Ausland. „Ich habe mich mit Sprachen immer leichtgetan. Das vereinfachte die Kommunikation während dieser vielen Reisen. Außerdem hatte ich während meines Geschichtsstudiums die Möglichkeit, durch zahlreiche Gastvorlesungen ausländischer Professoren mit allem in Kontakt zu kommen, was außerhalb Belgiens passiert.“ Miekes Traum, nicht nur im Klassenzimmer, sondern auch über die Landesgrenzen hinweg zu sprechen, nahm immer mehr Gestalt an.

Polen: eine Reise zu Sprache, Kultur und Liebe

Mieke an der Grenze zur Ukraine

„Der Funke sprang Anfang der 1990er Jahre über, als ich Freunde in Polen besuchte. Ein paar Wochen vor meiner Abreise nahm ich an einer Gastvorlesung eines polnischen Psychologieprofessors. Dieser lud mich ein, die Universität (KUL, Anm. - KU Lublin) in Polen zu besuchen.

Nach der Führung erzählte er mir, dass es einen Aufbaustudiengang in polnischer Sprache und Kultur für Ausländer gebe.“ Dies war der Beginn von Miekes Leben im Ausland. Nur mit einem kleinen Koffer reiste sie ganz allein nach Polen. „Ich sprach kein Wort Polnisch aber nach einem Jahr kam ich mit einem Rucksack voller Erfahrungen zurück und ich beherrschte die polnische Sprache.“ Nach ihrem Studium arbeitete sie in der Botschaft in Polen. „In dieser Zeit lernte ich neben der Sprache und der Kultur auch die Liebe meines Lebens kennen.“

Es gehören immer zwei dazu

„Einige Jahre später bewarb ich mich um die Stelle als Büroleiterin am Europakolleg in Polen. Bevor ich die Stelle bekam, hatte ich bei der Botschaft gekündigt und war nach Belgien zurückgekehrt.“

Schließlich bekam Mieke die Chance, am Natolin College anzufangen, aber da hatte sie sich schon in Mechelen niedergelassen. „Ein Jahr später packte uns wieder die Reiselust. Wir wollten uns auf ein neues Abenteuer im Ausland einlassen.“ Ihr Ehemann erhielt durch seinen Job im Verteidigungsministerium die Möglichkeit, nach Kenia zu gehen.

„Bemerkenswert und fortschrittlich war, dass das Ministerium wissen wollte, was ich als Partnerin von einem solchen Abenteuer im Ausland hielt. Das hat mir sehr gut gefallen, denn manchmal werden die Partner in der Expat-Geschichte vergessen.“ Der Oberst in Nairobi wollte wissen, ob Mieke wusste, dass sich ihr Mann für die Stelle in Nairobi beworben hatte. Außerdem wollte er sehen, ob das Paar auf der gleichen Wellenlänge lag. „Es wird oft unterschätzt, aber der/die Partner(in) ist in hohem Ausmaß entscheidend für den Erfolg der Expat-Geschichte. Ich habe meine Arbeit in Belgien aufgegeben und mich ehrenamtlich engagiert.“

Von Nairobi bis Johannesburg

„Ein Jahr, bevor wir Kenia verlassen wollten, wurde mir klar, dass meine Karriere eine Lücke aufweisen würde, wenn wir nach Belgien zurückkehrten. Ich ging davon aus, dass meine ehrenamtlichen Tätigkeiten nicht als Arbeitsjahre angerechnet würden. Ich fing also als Sekretärin in der Botschaft von Nairobi an und kam dort in Kontakt mit Export Flanders (damals Flanders Investment & Trade). Dort suchte man einen neuen flämischen Wirtschaftsvertreter.“ Mieke zögerte keine Sekunde und reichte ihre Bewerbung ein.

Bevor sie zur nächsten Runde zugelassen wurde, musste sie einige zusätzliche Informationen liefern. „Die Stromversorgung in Nairobi war nicht immer zuverlässig und ich musste noch einen Ausscheidungsfragebogen ausfüllen. Und das kurz vor unserer Abreise nach Tansania!“ Mieke hatte es eilig, schaltete den Generator ein und schickte die letzten Unterlagen ab. Nach ihrer Reise durch Tansania erhielt sie die gute Nachricht: Sie konnte die nächste Runde in Brüssel absolvieren. „Im November 2000 legte ich die Prüfung ab und wenig später wurde ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Ein paar Tage später flog ich zurück nach Nairobi, ohne zu wissen, wie meine Zukunft aussehen würde.“

Unmittelbar danach erhielt ihr Mann die Nachricht, dass er an einen NATO-Luftwaffenstützpunkt in Deutschland versetzt wird. Mieke begann sofort, ihr Deutsch aufzufrischen. „Aber als ich nach Weihnachten in die Botschaft in Nairobi zurückkehrte, lag ein Brief auf meinem Schreibtisch. Ich hatte die Stelle als flämische Wirtschaftsvertreterin bekommen!“ Die neue Expat-Geschichte nahm allmählich Gestalt an. Im Februar desselben Jahres arbeitete sie bereits in Johannesburg, Südafrika. „Mein Mann nahm unbezahlten Urlaub und wurde Expat-Partner. Zu diesem Zeitpunkt bin ich der Überseeischen Sozialen Sicherheit beigetreten. Vorher war ich über den Arbeitgeber meines Mannes versichert gewesen.“

Brasilien: eine wachsende Wirtschaft

Im Allgemeinen bleiben die Vertreter von Flanders Investment & Trade zwischen vier und sieben Jahren auf ihrem Posten. „Ich wollte unbedingt neue Horizonte erkunden.“ Die Geschichte in Südafrika neigte sich ihrem Ende zu.

„Im Bereich Unternehmensentwicklung hat man die Aufgabe, Unternehmen mit Informationen über den Sektor in dem jeweiligen Land zu versorgen. Nach fünf Jahren kannte ich bereits viele der Antworten auf die Fragen.

Die Herausforderung war weg und ich sehnte mich nach einem neuen Auslandsabenteuer.“ Mieke fühlte sich unterfordert und bat um eine Versetzung. „Wir beschlossen, nach Brasilien zu gehen.“ Mieke tauschte den Posten mit ihrer Kollegin, die damals in São Paulo tätig war. „2006 begann unser Abenteuer in Südamerika. Dabei bin ich bis zum Äußersten gegangen. Während des Aufstiegs der BRICS-Länder gab es eine Menge Arbeit.“

Das neue Expat-Abenteuer veränderte auch das Leben von Miekes Ehemann. Er gab seine Arbeit auf und folgte seiner Frau. „Expat-Partner müssen sich immer an ein neues Umfeld anpassen, neue Herausforderungen finden und so weiter. Für meinen Mann war das kein Problem. Er fand eine Stelle in den Favelas, wo er Englisch unterrichten konnte. Dies war natürlich nicht ganz ungefährlich. Bevor er als Lehrer arbeiten durfte, wurde er durch die Slums geführt - mit Stopps in verschiedenen Cafés. Dieses diente seinem Schutz und jeder wusste, dass er da war, um zu unterrichten.“

Auf Kolumbus' Spuren

Nach dem Brasilien-Abenteuer zog es Mieke und ihren Mann 2011 in Richtung Norden. „Obwohl Kanada nicht ganz oben auf meiner Liste der Expat-Reiseziele stand, erwies es sich als unverzichtbare Erfahrung.

Ich wollte unbedingt nach Indien, aber das ist uns nicht gelungen.

Im Nachhinein war das vielleicht besser, denn der hohe Arbeitsdruck in diesen Schwellenländern hat uns belastet.“ Kanada war für Mieke eine Wohltat.

Mieke in Montreal

Für Menschen, die gerne reisen und neue Orte erkunden, klingt das Leben im Ausland wie ein wahr gewordener Traum. Oft bringt es allerdings auch Herausforderungen für die psychische Gesundheit mit sich. In jedem neuen Land ist man auf sich allein gestellt und hat nicht sofort ein soziales Netz.

„Ich war selbst schon am Rande des Burnouts aber glücklicherweise erkannte ich die Symptome rechtzeitig und bin gerade noch einmal davongekommen.“

Mieke bemerkte auch, dass ihre Emotionen durch die Erfahrung im Ausland noch verstärkt wurden. „Als ich aus Nairobi zurückkam, sagte meine Mutter, ich sei härter geworden. Und das stimmt auch. Man kommt mit verschiedenen Kulturen und Lebensstilen in Kontakt und erkennt, dass man nicht die ganze Welt auf den Schultern tragen kann. Manchmal muss man seine Gefühle unterdrücken - nur um sich zu schützen und nicht unterzugehen.“

Kein Ende, sondern ein neuer Anfang

2020 kehrte Mieke nach Belgien zurück –damals lebte sie in Marokko. „Während meiner letzten Erfahrung als Expat erlebte ich vielleicht den größten Kulturschock, der durch die Corona-Pandemie noch verstärkt wurde.“ Mieke und ihr Mann waren damals - wie viele andere Paare auch - auf sich allein gestellt. „Damals hatten wir kein soziales Netz und es war eine einsame Zeit, weit weg von Freunden und Familie.“

Dankbar

Mieke blickt zufrieden auf all diese Auslandsabenteuer zurück, denn sie haben sie zu der Frau gemacht, die sie heute ist. „Ich habe eine Elefantenhaut bekommen und dafür bin ich dankbar. Ich fühle mich widerstandsfähiger als je zuvor. Wenn man an verschiedenen Orten der Welt gelebt hat, versteht man besser, wie die Welt funktioniert.“ Plant sie bereits ein neues Auslandsabenteuer? „Sag niemals nie - aber im Moment sehne ich mich danach ein bisschen näher bei meiner Familie sein.“

Das Leben im Ausland ist oft ein Sprung ins kalte Wasser. Aber man kann sich trotzdem einigermaßen gut auf dieses Abenteuer vorbereiten.

„Ich habe mich nur mit einem Koffer und voller Zuversicht in dieses Abenteuer gestürzt. Rückblickend stelle ich fest, dass Vorbereitung und konsequentes Handeln die ultimativen Voraussetzungen für das Gelingen einer Expat-Geschichte sind.“

Autoren: Annelies Raes und Koen Van der Schaeghe

Möchten Sie Ihre Reiseerfahrungen teilen?

Sind Sie ein Expat oder kennen Sie jemanden mit einer inspirierenden Auslandserfahrung? Dann kontaktieren Sie uns unter overseas-expat@onssrszlss.fgov.be. Wer weiß, vielleicht inspirieren Sie künftige Expats mit Ihrer Geschichte.

Nach oben